Programm

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8. Oktober 2011, 19 Uhr,
Festsaal der Universität Bonn, Regina-Pacis-Weg 3

Begrüßung:
Dr. Ingrid Bodsch, Projektleiterin des Schumann-Netzwerks
Grußwort
Jürgen Nimptsch, Oberbürgermeister der Stadt Bonn

Robert Schumann / Franz Liszt: Widmung (Myrthen op. 25, Nr. 1 in der Transkription für Klavier von Franz Liszt)
Mizuka Kano, Klavier

Christian Gerhaher im Gespräch mit dem
Musikjournalisten Christoph Vratz
über seine Liebe zu Schumann

Robert Schumann: Klaviersonate fis-Moll op. 11
Mizuka Kano, Klavier

Vorstellung des Schumann-Forums und des Schumann-Journals:
Dr. Ingrid Bodsch und Dr. Irmgard Knechtges-Obrecht, Vorstandsmitglied der RSG Düsseldorf

Robert Schumann: Zart und singend
(Davidsbündlertänze op.6, Heft II, Nr. 5)

Zu den Musikstücken

Robert Schumann /Franz Liszt: Widmung (Myrthen op. 25, Nr. 1 in der Transkription für Klavier von Franz Liszt)
Franz Liszt, dessen Geburtstag sich am 22. Oktober zum 200. Male jährt, und der für die Beethovenrezeption in Beethovens Geburtsstadt Bonn eine sehr große Rolle spielt, hat neben 21 Transkriptionen eigener Lieder über 140 Lieder anderer Komponisten für Klavier übertragen, vorwiegend (55) von Franz Schubert, 19 von Beethoven, aber immerhin auch 12 von Robert bzw. Clara Schumann, darunter auch die Widmung, das Eröffnungsstück der „seiner geliebten Braut“ gewidmeten Liedersammlung Myrthen, wobei Schumann für seine Widmung als Textvorlage ein Gedicht aus Friedrich Rückerts Liebesfrühling gewählt hat. (I.B.)

Robert Schumann: Klaviersonate Nr. 1 fis-moll op. 11
I. Introduzione. Un poco Adagio – Allegro vivace II. Aria III. Scherzo e Intermezzo. Allegrissimo – Lento IV. Finale. Allegro un poco maestoso
Die Entstehungsgeschichte von Robert Schumanns erster Klaviersonate reicht bis in das Jahr 1832 zurück, als er einen „Fandango pour le Piano“ entwarf, möglicherweise um bei seinem Lehrer Friedrich Wieck zu reüssieren. Da diesem die Komposition offensichtlich zusagte, wurde im Sommer 1832 sogar eine Drucklegung geplant, jedoch ohne Erfolg. Stattdessen nutzte Schumann den „Fandango“ nun als Vorstufe zum Allegroteil des Kopfsatzes seiner Klaviersonate op. 11, deren Konzeption 1833 allmählich Gestalt annahm. Im weiteren Verlauf des Jahres wurde die Sonate „ziemlich fertig gemacht“, erhielt ihre vorläufige Endgestalt aber erst zwei Jahre später. Ende August 1835 übergab er der späteren Widmungsträgerin Clara Wieck das Manuskript seines neuen Werkes, dessen Veröffentlichung zunächst scheitere. Erst ein knappes Jahr später, im Juni 1836, erschien das Werk bei Friedrich Kistner in Leipzig, nachdem Schumann noch einige Änderungen am Finalsatz vorgenommen hatte. Auf dem Titelblatt stand: „Pianoforte-Sonate, Clara zugeeignet von Florestan und Eusebius“.
Nicht seinen eigenen Namen, sondern den der beiden von ihm erfundenen, charakterlich kontrastierenden Gestalten gab Schumann an und schiebt die Autorenschaft somit ab. Eine außergewöhnliche Geste, die nicht zuletzt mit der Unsicherheit des jungen Komponisten gegenüber dem Publikum und der geneigten Kritik zu begründen ist. Ganz besonders aber spielte Schumanns Lebenssituation zu jener Zeit eine Rolle. Im selben Maße, wie sich seine Liebe zur jungen Clara Wieck entwickelte, betrachtete deren ehrgeiziger Vater Friedrich die Verbindung zwischen seiner talentierten Tochter und dem jungen, wenig renommierten Musiker immer argwöhnischer. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Schumanns Klaviersonate op. 11 hatte Vater Wieck gerade sämtliche Beziehungen zwischen den beiden untersagt. Bis zum Sommer 1837 schirmte er seine Tochter derart rigoros ab, dass ihr jegliche Kontaktaufnahme zu Schumann unmöglich war. Dieser hingegen sandte Clara ein Exemplar seiner Sonate, woraufhin sie – vermutlich unter Druck gesetzt – ihm seine sämtlichen Briefe zurückschickte und um Übersendung der ihrigen bat. Das stürmische Verlangen und die qualvolle Leidenschaft dieser frühen, offensichtlich zum Scheitern verurteilten Liebe fanden auch in der Komposition jener ersten Klaviersonate ihren Niederschlag. So hoffte Schumann, durch Florestan und Eusebius zu erreichen, was er nicht konnte und nicht durfte, setzte sie gewissermaßen als Botschafter seiner Gefühle ein. Tatsächlich fällt der emotionalen Komponente in op. 11 eine grundlegende Bedeutung zu. Der stürmische, fast draufgängerische Florestan wechselt dabei mit dem lyrisch- sanftmütigen Eusebius-Charakter ab, ganz der ambivalenten Verfassung des Komponisten selbst entsprechend. Einige Jahre später, kurz vor der ersehnten Heirat mit Clara im September 1840 schrieb Schumann seinem ehemaligen Lehrer Heinrich Dorn: „Gewiß mag von den Kämpfen, die mir Clara gekostet, manches in meiner Musik enthalten ... sein. Das Concert [op. 14], die Sonate [op. 11], die Davidsbündlertänze, die Kreisleriana und die Novelletten hat sie beinah allein veranlaßt.“
Die Sonatenhauptsatzform in klassischer Ausprägung sucht man im Kopfsatz der fis-moll-Sonate op. 11 vergebens, stehen doch hier andere Aspekte im Vordergrund. Zitathafte Reminiszenzen gepaart mit engen thematischen Beziehungen bringen die vier einzelnen Sätze der Sonate in eine enge Bindung. Schon die ruhige Introduktion ist nicht mit einer langsamen Einleitung im traditionellen Sinne zu vergleichen. Erst im weiteren Verlauf wird deutlich, dass in diesem Anfangsabschnitt bereits alle, für die gesamte Sonate entscheidenden motivisch-thematischen Elemente enthalten sind. Eine mit Fermate versehene Generalpause führt zum Allegro vivace, dessen temperamentvolles Hauptthema den Kopfsatz beherrscht. Dem eher pathetischen Seitengedanken in es-moll wird nur sehr knapper Raum gewährt. Umfangreich und dramatisch stetig gesteigert, gestaltet Schumann die Durchführung, in der auch einem Motiv aus dem ursprünglichen „Fandango“ tragende Bedeutung zufällt.
Der zweite Satz mit dem beziehungsreichen Titel Aria geht auf ein bereits 1828 komponiertes, von unerfüllter Liebe berichtendes Lied „An Anna“ zurück. Sein wehmutsvoller, melancholischer Duktus verweist diesen Satz ganz in die Sphäre von Eusebius. Im folgenden Satz Scherzo e Intermezzo greift Schumann erneut Material aus früheren, unveröffentlicht gebliebenen Kompositionen auf. Von seinen 1832 geschriebenen „XII Burlesken (Burle) im Stil der Papillons“ gingen einige in das Intermezzo aus op. 11 ein. Dieser energische, zum Teil skurrile Satz sticht darüber hinaus durch seine zwei kontrastierend angelegten Trios hervor. Das Finale Allegro un poco maestoso ist – fantasiereich und voller glänzender Einfälle – ein echtes pianistisches Bravourstück. Eine effektvolle Coda führt das Werk zu seinem grandiosen Abschluss.
(Zitiert nach: Irmgard Knechtges-Obrecht für das www.schumannportal.de, Rubrik „Robert Schumann/Einführungen zu ausgewählten Werken“)

Robert Schumann: Zart und singend (Davidsbündlertänze. 18 Charakterstücke für Klavier op. 6, Heft II Nr. 5)
„Und hier sei noch eines Bundes erwähnt, der ein mehr als geheimer war, nämlich nur in dem Kopf seines Stifters existirte“, schreibt Schumann 1853 in der Einleitung zu seinen Gesammelten Schriften über Musik und Musiker, und meint damit den von ihm geschaffenen fiktiven Davidsbund. Benannt nach dem Schutzpatron der Musik, versammelt sich hier ein Kreis gleichgesinnter Musiker, deren literarische Beiträge Schumann zusammen mit seinen eigenen in der 1834 gegründeten Neuen Zeitschrift für Musik veröffentlicht, um das Philistertum in der Musik zu bekämpfen. Die beiden Hauptgestalten des Davidsbunds, der energischtatkräftige Florestan und der feinsinnig-introvertierte Eusebius, sind von Schumann oft herangezogene imaginäre Figuren, mit deren Hilfe er die kontrastierenden Seiten seines Charakters sowie seine Doppelrolle verdeutlicht. [...]
Wie die meisten der zu dieser Zeit entstandenen Werke wird auch die Komposition der Davidsbündlertänze unmittelbar durch die konkreten Lebensumstände ihres Urhebers veranlasst. Der wieder ermöglichte briefliche Kontakt zu Clara Wieck lässt Schumann neue Hoffnung schöpfen, was dazu führt, dass die beiden sich im August 1837 heimlich verloben. Ein ungeheurer Aufschwung in Schumanns Leben, der sich sogleich auf sein Wirken und Schaffen überträgt. So entstehen im Spätsommer 1837 mindestens 19 Stücke, von denen Schumann später 18 in den Davidsbündlertänzen op. 6 drucken lässt. Die Charaktere von Florestan und Eusebius zeigen sich in all ihren Gegensätzlichkeiten: Humorvolle Szenen wechseln mit nachdenklichen Passagen ab, schwungvoll-heitere mit lyrisch-besinnlichen. Jedes Stück wird am Ende durch die Kennzeichnung F.(lorestan) oder E.(usebius) einem der beiden oder beiden gemeinsam zugewiesen.[Zart und singend ist mit E. gekennzeichnet]
Über die enge Beziehung der Davidsbündlertänze zu seiner Braut Clara schreibt Schumann in einem Brief an sie: „In den Tänzen sind viele Hochzeitsgedanken [...] Was aber in den Tänzen steht, das wird mir meine Clara herausfinden, der sie mehr wie irgend etwas von mir gewidmet sind – ein ganzer Polterabend nähmlich ist die Geschichte [...] War ich je glücklich am Clavier, so war ich es, als ich sie componirte.“
Die Davidsbündlertänze erschienen Anfang 1838 in zwei Heften auf Schumanns eigene Kosten bei Robert Friese in Leipzig, der gleichzeitig Herausgeber der Neuen Zeitschrift für Musik war. Eine zweite Auflage wurde 1850/51 bei Schuberth & Co. in Hamburg gedruckt, ohne die Hinweise auf Florestan und Eusebi¬us in den Noten und auf dem Titel. Die Widmung der Originalausgabe lautet „Walther von Goethe zugeeignet von Florestan und Eusebius“. Der Widmungsträger war der Enkel des Dichters, betätigte sich selbst als Musiker und gehörte zu dem aus Malern, Literaten und Musikern gebildeten Kreis der Davidsbündler.

(Zitiert nach: Irmgard Knechtges-Obrecht für das www.schumannportal.de, Rubrik „Robert Schumann/Einführungen zu ausgewählten Werken“)